Die Sammlung des Franz Marc Museums, die ursprünglich auf Werke Franz Marcs und des „Blauen Reiters“ konzentriert war, wurde mit der Eröffnung des Neubaus, 2008, um den „Brücke“-Expressionismus und die deutsche Nachkriegsabstraktion erweitert. Damit bietet das Museum nicht nur einen Überblick der beiden Avantgardebewegungen in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg. Es zeigt die Fortsetzung dieser künstlerischen Wege, die durch den Nationalsozialismus und die Aktion „Entartete Kunst“ abgeschnitten wurden, durch die abstrakte Malerei in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg.
Der Ursprung der Sammlung liegt in privatem Sammlertum. Zu großen Teilen geht sie auf Rudolf Ibach zurück, der bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts expressionistische Kunst erwarb. Seine Tochter Etta, die den Münchner Galeristen Otto Stangl heiratete, setzte die Sammlung mit ihrem Mann bis in die 80er Jahre fort, so dass das Museum heute auch einen bedeutenden Bestand an Werken von Horst Antes besitzt.
Im expressionistischen Bereich ist die Sammlung nicht nur durch wichtige Gemälde geprägt, sondern auch durch einen reichen Bestand an Arbeiten auf Papier, unter denen sich Inkunabeln wie die erste Skizze zum Turm der blauen Pferde von Franz Marc befinden, frühe Farbholzschnitte Erich Heckels, spontane Skizzen Ernst Ludwig Kirchners, Aquarelle von Oskar Kokoschka oder Tuschezeichnungen Ludwig Meidners.
Der spezielle Reiz der Sammlung, die kontinuierlich durch wichtige Dauerleihgaben aus Privatbesitz ergänzt wird, liegt in diesen bedeutenden Einzelwerken, die den Blick auf den Expressionismus vertiefen und erweitern.
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Franz Marc, Springendes Pferd, 1912,
Franz Marc Museum,
Stiftung Etta und Otto Stangl,
Foto: www.collecto.art
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Franz Marc Museum – Die Sammlung
288 Seiten, 200 Abbildungen in Farbe
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Die Sammlung des Franz Marc Museums umfasst mehrere 100 Werke Franz Marcs. Sie repräsentieren das Werk des Malers in einer Breite und Vielfalt, wie sie in kaum einem anderen Museum zu finden ist.
Neben wichtigen Gemälden, wie Große Landschaft (1910), Hocken im Schnee (1910), Springendes Pferd (1912), Eselsfries (1912) oder Kleine abstrakte Komposition IV (1914) finden sich in der Sammlung über 60 Skizzenbuchblätter mit Bleistiftzeichnungen und Aquarellen, die die künstlerische Entwicklung Marcs Schritt für Schritt nachvollziehen lassen. Außerdem besitzt das Museum fast die gesamte Druckgraphik des Malers mit allen Druckstöcken seiner Holzschnitte und eine große Anzahl seiner Skulpturen, darunter Entwürfe in Wachs und Unikate in Stein. Von Bedeutung sind auch die zahlreichen großformatigen Arbeiten auf Papier und die kleinen, um 1906/7 spontan entstandenen Ölskizzen.
Die wechselnden Präsentationen dieses Bestandes lassen Franz Marc nicht nur als empathischen Tiermaler, sondern auch als wichtigen Vertreter der expressionistischen Avantgarde entdecken.
Franz Marc, Große Landschaft I, 1910,
Franz Marc Museum, Stiftung Etta und Otto Stangl
Foto: www.collecto.art
Die Entstehung des „Blauen Reiters“ zwischen Murnau, Sindelsdorf und Kochel ist Ausdruck der Aufbruchsstimmung, die die beteiligten Künstler verband. In der Natur, im Süden Münchens suchten sie Ursprünglichkeit, eine vor der Zivilisation liegende Unversehrtheit, die sie in der Großstadt und im akademischen Kunstbetrieb vermissten. Die Künstlerinnen und Künstler, die sich im Umkreis des Almanachs „Blauer Reiter“ zusammenfanden, wollten den Dingen ihre wahren Farben und Formen wiedergeben, ihr Wesen erfassen und nicht nur ihre äußere Erscheinung schildern.
So entstanden Bilder, deren intensive Farbigkeit und neue Räumlichkeit Gesetzen folgten, die für die Zeitgenossen ungewohnt waren. Im Franz Marc Museum legen neben den Werken Franz Marcs die Grabkränze und die Winterlandschaft Gabriele Münters, die Große Promenade und das Café am See August Mackes, Alexej von Jawlenskys Gemälde Frau in roter Bluse oder Hl.Georg und Improvisation 21 von Wassily Kandinskys Zeugnis davon ab. Diese Hauptwerke werden ergänzt durch Arbeiten auf Papier der Künstler sowie durch kunsthandwerkliche Objekte und Hinterglasbilder, die ihr Interesse an der Volkskunst spiegeln.
Wassily Kandinsky, Improvisation 21, 1911,
Franz Marc Museum, Dauerleihgabe, Courtesy W. Wittrock, Berlin, Foto: Collecto.art
Die „Brücke“, 1905 in Dresden gegründet, ist neben dem „Blauen Reiter“ die zweite wichtige Avantgardebewegung in Deutschland. Das Franz Marc Museum besitzt bedeutende Gemälde Ernst Ludwig Kirchners (Blaue Artisten und Tennisspielerinnen, 1912), Erich Heckels (Parksee, 1912), Karl Schmidt-Rottluffs (Häuser am See, 1911) und Emil Noldes (Mädchen im Garten, 1915). Neben der Malerei ist die Graphik der „Brücke“ mit einem großen Bestand an Zeichnungen, Aquarellen und Druckgraphik prominent vertreten, einem Bereich, in dem sich der Wille zum spontanen, emotionalen Ausdruck besonders deutlich spiegelt. Dies gilt auch für Künstler aus dem Umkreis der „Brücke“ wie Christian Rohlffs, Oskar Kokoschka, Else Lasker-Schüler, Lovis Corinth oder Paula Modersohn-Becker, die in der Sammlung vertreten sind: ihre Werke vermitteln in ihrer Frische, Spontaneität und Farbenpracht auch heute noch intensiv den Geist von Aufbruch und Neuanfang.
Erich Heckel, Parksee, 1914,
Franz Marc Museum,
Dauerleihgabe aus Privatbesitz,
Foto: www.collecto.art
Wie die übrigen Maler des „Blauen Reiters“ suchte Paul Klee in seiner Malerei nach einer Überwindung der äußeren Erscheinungsformen, um wesentliche, ihnen zugrunde liegende Strukturen offen zu legen. Mit den abstrahierenden Tendenzen in seinen Bildern verband Klee eine nur assoziative Verbindung zur Realität, die durch die geheimnisvollen, poetischen Titel seiner Werke unterstrichen wird.
Im Franz Marc Museum ist das Gesamtwerk Paul Klees mit wichtigen Beispielen vertreten. Der Kern dieses Werkkomplexes geht auf Rudolf Ibach zurück, einem der wichtigsten Sammler Klees. Ihm gehörten eines der berühmten, auf der Tunisreise Klees entstandenen Aquarelle, Ansicht von Kairuan (1914) und eines der ersten Ölgemälde Klees, Tropischer Garten (1919). Auch die Zeit des Malers am Bauhaus ist mit Geplante Bauten (1922), Nichtkomponiertes im Raum (1929) und Doppelturm (1923) prominent vertreten.
1933 wurde Paul Klee durch die nationalsozialistischen Machthaber in Deutschland zur Aufgabe seiner Professur an der Düsseldorfer Akademie und ins Exil gezwungen. Er kehrte in seine Heimatstadt Bern zurück, wo ein eindrucksvolles Alterswerk entstand. Davon zeugen im Franz Marc Museum Ein Tragiker (1933) und Alpiner Wald (1936).
Paul Klee, Geplante Bauten, 1922,
Franz Marc Museum, Dauerleihgabe aus Privatbesitz, Foto: www.collecto.art
1949 schlossen sich in der Münchner Galerie Stangl sieben abstrakte Malerinnen und Maler zur Gruppe „ZEN 49“ zusammen: Willi Baumeister, Rolf Cavael, Gerhard Fietz, Rupprecht Geiger, Willi Hempel, Brigitte Meier-Denninghoff und Fritz Winter. Zu ihren Ausstellungen wurden regelmäßig Gäste eingeladen, darunter Max Ackermann, Julius Bissier, Karl Otto Götz, Hans Hartung, Ernst Wilhelm Nay, Emil Schumacher, K.R.H. Sonderborg, Pierre Soulages, Fred Thieler, Theodor Werner, Serge Poliakoff.
Alle Künstler sind mit Gemälden, Zeichnungen, Aquarellen oder Druckgraphik im Franz Marc Museum vertreten. Besonders hervorzuheben sind die große Zahl an Werken von Willi Baumeister und Serge Poliakoff, die beiden großformatigen Gemälde von Pierre Soulages sowie die wichtige Werkgruppe von Fritz Winter, die auch zwei seiner Bilder Triebkräfte der Erde umfasst.
Dass „ZEN 49“ in der Galerie Stangl gegründet wurde, zeigt die Bedeutung der Galerie nach dem Krieg für München. Sie war intellektuelles Zentrum und Museumsersatz, ein Treffpunkt für Sammler und Kritiker, Künstler und Konservatoren. Etta und Otto Stangl setzten sich für die abstrakte Malerei ein, wobei der „Blaue Reiter“ stets die Voraussetzung ihres Verständnisses der Gegenwartskunst blieb.
Serge Poliakoff, Komposition in Weinrot, o.J.,
Franz Marc Museum, Dauerleihgabe aus Privatbesitz, Foto: www.collecto.art